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15. Juli – 12. August 2007 · Weser-Renaissance Schloß · Bevern

Gibt es in einer Zeit der wertearmen Konsumgesellschaft, der grenzenlosen Massenmedien und der rücksichtslosen Umweltzerstörung noch klare Orientierung? Lässt sich noch ein Standpunkt in unserer „Call&Surf-Mobilität“ finden? Ist unser Blickwinkel mit der digitalen Welt „kompatibel“? Sind Fluchtpunkte und Rückzugsmöglichkeiten nicht mehr „up-to-date“? Nicola Dormagen und Michael G. Müller lassen in ihrer gemeinsamen Ausstellung » Sichtwechsel « im Weserrenaissance Schloß in Bevern über diese Fragen nachdenken.

Trotz unterschiedlicher Darstellungstechniken reagieren beide mit ihren hintergründigen und vielschichtigen Arbeiten mit hoher Sensibilität auf die (unaufhaltsamen?) Veränderungen ihrer Umwelt. Die Skulpturen und Installationen von Nicola Dormagen prangern die Verstümmelung von Landschaft und Natur durch die Autogesellschaft an. Ihre aus Holz geschnitzten Fragmente haben eine ebenso rätselhafte Symbolkraft wie die Montagebilder und Materialobjekte von Michael G. Müller.

Beide Künstler konstatieren über Zwiespältigkeiten, die zwischen ausufernder Mobilität und Naturverbundenheit, zwischen Vergessenheit und Fortschritt. Sie komponieren sie zu Gleichnissen über unsere Lebensweise und deren Entwicklung. Damit geben sie nachhaltig Anstöße und Impulse, die im Idealfall einen „Sichtwechsel“ im Auge des Betrachters auszulösen vermögen.

Der leidenschaftliche Sammler des Weggeworfenen und Wertlosen, Michael G. Müller, hat schon als Dipl. Grafik-Designer mit dem „Bildermachen“ zu tun. Einer Welt der werbebunten optischen Überfrachtung stellt er Formen, Farben und Strukturen vergessener und vernutzter Gegenstände entgegen – in einem oftmals überraschenden Bedeutungszusammenhang. Er kombiniert Fundstücke, Holz, Knochen, Eisen- oder Elektroteile, Papieren und Sand, experimentierfreudig zu Kompositionen von vielschichtiger Raffinesse. Diese Assemblagen werden teilweise durch Reißen, Bürsten, Schleifen und Ritzen der verwendeten Stoffe weiter bearbeitet.
Die neuen Zusammenhänge, die er damit schafft, sind nie laut, auch nicht offensichtlich anklagend oder gar polemisch. Sie sind eher still, feinsinnig, manchmal auch witzig – aber verfehlen ihre überraschende (und damit gedankenanstoßende) Wirkung nie.
Eine Nähmaschine beispielsweise, als Heuschrecke verwandelt, thematisiert verblüffend das Massenphänomen der digitalen Kopie. Ein Käfer (bug) beweist eindringlich, wie leicht „Hightech“ ausgehebelt werden kann. Ein großer Fisch mit einem aus plattgedrückten Blechdosen und Baumschwämmen schnappt, im Trüben schwimmend, nach einem Köder, der sich als Badewannenstöpsel entpuppt. Buchstaben, kurze Textfragmente spielen in vielen von Müllers Arbeiten eine gestalterische Rolle, oft nur aus Zeichen, die der Deutung harren, inmitten der anderen „verbrauchten“ Zeichen des Alltags. Es sind Botschaften, die sich letztendlich zusammenfügen und ihre Spuren hinterlassen.

Wie ein Ausstellungsraum zu einem Forum einer nachdenklich machenden Modellwelt werden kann, beweisen die Holzobjekte, Zeichnungen und Installationen von Nicola Dormagen. Ihre Werke präsentiert sie in einer ihr eigenen Ästhetik mit einer Betonung von spielerischen und ironischen Aspekten…

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