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10. Juni – 9. Juli 2017 · 4FACHWERK Museum · Freudenberg

„Aufhebungen“ – treffender hätte der Titel für diese Ausstellung im 4Fachwerk-Mittendrin-Museum kaum gewählt werden können. Denn gleich im mehrfachen Wortsinn geht es bei den Collagen und Assemblagen (= Collagen mit plastischen Objekten) von Helmut Riekel (Betzdorf), Michael G. Müller und Dieter Siebel (beide Freudenberg und Gründungsmitglieder des Museums) um diesen Begriff.
 


Und dies gerät so spannend, nachdenklich und überraschend zugleich, dass sich die Idee erfolgreich als Projekt des 19. Siegener Kunstsommers 2017 beworben hat, mit dem die Veranstaltungsreihe nun erstmals vom 10. Juni bis 9. Juli im Freudenberger Museum Station macht.

Da wäre zum einen schon der rein physische Akt des Aufhebens und Einsammelns ganz unterschiedlicher Gegenstände, der alle drei nicht nur als Künstler, sondern auch als Sammler eint und Teil der gemeinsamen Leidenschaft ist. „An einem schönen Stein kann ich am Strand kaum vorbeigehen, ohne ihn aufzuheben“, so formulierte es Dieter Siebel in der Vernissage am 9. Juni. Der Vereinsvorsitzende des „4Fachwerk“ hat hier schon zahlreiche Ausstellungen eröffnet und freute sich nun besonders, einmal selbst bei den Ausstellern dabei zu sein. Anstelle einer klassischen Einführung plauderten die drei Künstler in Form einer Gesprächsrunde aus dem „Nähkästchen“, um den zahlreich erschienenen Gästen die Entstehungsgeschichte einiger der gezeigten Exponate näher zu bringen. Musikalisch unterbrach Dominik Hindenberg mit jazzigen Improvisationen an der E-Gitarre die Talkrunde.
 
 „Aufhebungen“ meint aber auch Aufbewahren. Nicht immer ist sofort klar, wie und wo ein Sammelobjekt später künstlerisch verwertet werden kann. „Mein Atelier würden wohl Außenstehende eher als Rumpelkammer ansehen“, erzählt Helmut Riekel: „Ich kann auch niemanden sonst hineinlassen, das wäre fast lebensgefährlich.“ In besonders intensiven Schaffensperioden habe er schonmal an 20 Werken gleichzeitig gearbeitet und jeweils geschaut, wo Gegenstände am besten hineinpassen. Da wird klar, dass man einen großen Fundus braucht. Und drittens – und dies ist vielleicht der spannendste Aspekt – meint „Aufhebungen“ auch, Dingen einen ganz neuen Sinn zu geben, sie herauszulösen aus ihrem ursprünglichen Kontext und zu überraschenden Arrangements neu zu vereinen. Da formen Küchenutensilien plötzlich ein Musikinstrument wie bei Helmut Riekel, da wird eine profane Nagelschere zum ausdrucksstarken Teil eines menschlichen Portraits oder Maurerkellen finden sich als Teil eines Geweihs wieder, wie bei Michael G. Müller. „Meine Werke entstehen immer durch Fundstücke mit denen ich dann experimentiere. Viele Ideen entstehen so erst im Prozess, insofern hat für mich Kunst sehr stark etwas Spielerisches“, so Müller.
 
 „Abbilden ist Handwerk, etwas Neues zu schaffen, dass es noch nicht gibt, ist für mich Kunst“, betont Siebel. Seine Collagen erzählen zuweilen Geschichte(n), so wie bei „Willkommen in Deutschland“ mit echten Bruchstücken der Berliner Mauer. Ein Schlüssel verspricht den Beginn einer neuen Zeit, andere Elemente  wie die D-Mark-Geldstücke deuten aber darauf hin, dass hier nicht nur Freiheit beginnt, sondern auch „Wessis“ bereits das große Geschäft wittern. Siebels Lieblingsmaler, der ihn auch inspiriert, ist Salvador Dalí. Dinge zu zerlegen, ihren physikalischen Ursprung teils aufzuheben und ihnen durch einen neuen Kontext besondere Botschaften zu verleihen, fasziniert ihn bei diesem Künstler besonders.